Handeln für andere: Wissenswertes um die VOLLMACHT

20.03.2020

Gerade im Zeitalter von Corona ein aktuelles Thema: Erledigungen für Andere vornehmen! Für diejenigen die zum Schutz nicht raus sollen oder die erkrankt sind. Bei Angelegenheiten des täglichen Lebens - wie etwa Einkäufe tätigen - sollte das rechtlich kein Problem darstellen.

Doch was ist, wenn es beispielsweise eine eingeschriebene Postsendung zum Abholen gibt? Oder Erledigungen auf der Bank? Schnell wird da die Hilfsbereitschaft ein ungewolltes Ende finden, wenn man keine gültige Vollmacht vorweisen kann. Vielfach reicht eine „einfache“ Vollmacht – d.h. ohne besondere Formerfordernisse. In besonderen Fällen (z.B. Grundbuchsgeschäfte, Vorsorgevollmacht) gelten aber strenge Formerfordernisse.

Gründe, die eine Stellvertretung verlangen, können darüberhinaus vielfältig sein: Urlaub, sonstige Verhinderung oder fehlende Fachkenntnisse. Letzteres kommt dann zum Tragen, wenn beispielsweise ein Anwalt oder Steuerberater zum Einschreiten bevollmächtigt wird.

Personen die von Berufs wegen andere vertreten - sogenannte „berufsmäßige Parteienvertreter“ - dürfen sich in der Regel bei Behörden oder Gericht auf eine „erteilte Vollmacht“ berufen. Das heißt, sie müssen keine schriftliche Vollmacht vorweisen, um tätig werden zu können. Freilich werden sie sich zumeist zur eigenen Absicherung im Innenverhältnis (d.g. gegenüber dem Auftraggeber bzw. Vollmachtgeber) absichern und sich eine Vollmacht unterfertigen lassen. Dies alleine schon deshalb, um sich Honorarsprüche zu sichern.

So gilt beispielsweise für die Vertretung vor Verwaltungsbehörden vereinfach dargestellt folgende Regelung (Details finden sich in § 10 AVG):

  • Menschen können sich, sofern ihr persönliches Erscheinen nicht ausdrücklich gefordert wird, durch andere natürliche Personen, die volljährig und handlungsfähig sind vertreten, lassen.
  • Bevollmächtigte haben sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen.
  • Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden
  • Schreitet eine „zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person“ ein, so ersetzt die Berufung auf die ihr erteilte Vollmacht deren schriftlichen Nachweis.
  • Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis richten sich nach den Bestimmungen der Vollmacht. Damit verbundene Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen.
  • Als Bevollmächtigte sind solche Personen nicht zuzulassen, die unbefugt die Vertretung anderer zu Erwerbszwecken betreiben. (Anm: das sind sog. „Winkelschreiber“)
  • Die Behörde kann von einer ausdrücklichen Vollmacht absehen, wenn es sich um die Vertretung durch amtsbekannte Angehörige (§ 36a), Haushaltsangehörige, Angestellte oder durch amtsbekannte Funktionäre von beruflichen oder anderen Organisationen handelt. Es darf jedoch kein Zweifel über Bestand und Umfang der Vertretungsbefugnis herrschen.

Was ist ein Winkelschreiber?

Die Winkelschreibereiverordnung regelt das unberechtigte Ausüben des Berufes eines Rechtsanwaltes („Rechtsfreundes“) und das damit verbunde, entgeltliche Einschreiten bei Gericht oder Behörden. Vereinfacht gesagt ist derjenige ein Winkelschreiber, der als Rechtsanwalt „pfuscht“. Allerdings gibt es Berufsgruppen, die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit gegen Entgelt durchaus eingeschränkt auf ihren Fachbereich entgeltlich vertreten dürfen. Beispiele dafür sind unter anderem Unternehmensberater und Steuerberater.

Aktive Stellvertretung

Wer als Bevollmächtigter handelt, der tritt als „echter Stellvertreter“ auf. Das heißt, er gibt im fremdem Namen eine rechtsgeschäftliche Erklärungen ab. Man spricht dabei auch von einer aktiven Stellvertretung.

Beispiel:

Jemand bringt das Auto seines Nachbarn in die Werkstätte, um es auf Gefahr und Kosten des Nachbarn reparieren zu lassen.

 

passive Stellvertretung

Ebenso kann der Bevollmächtige rechtlich relevante Erklärungen empfangen. In diesem Fall spricht man von einer passiven Stellvertretung.

Beispiel:

Jemand nimmt einen Brief für seinen Nachbarn in Empfang.

Die zivilrechtlichen Rechtsgrundlagen für die Vollmacht finden sich in §§ 1002 ff ABGB.

 

Die Vollmacht bedeutet ein „rechtliches Handeln-können“. Allerdings stellt die Vollmacht kein „Handeln-Müssen“ dar. Niemand muss eine Stellvertretung übernehmen. Neben der freiwilligen Vertretungsmacht durch Rechtsgeschäft („Vollmacht“) gibt es noch andere Möglichkeiten um Vertretungsbefugnisse zu erlangen:

  • Vertretungsmacht durch Gesetz („gesetzliche Vertretung“):
    Beispielsweise sind hier die Eltern als gesetzliche Vertreter ihrer Kinder zu nennen
  • Vertretungsmacht durch Gerichtsentscheidung
    Als häufigster Fall ist hier die Bestellung zum Sachwalter zu nennen.
  • Vertretungsmacht durch Statuten oder Gesellschaftsvertrag

    Dies betrifft beispielsweise Organe eines Vereins, wie etwa den Obmann oder Kassier.
  • Vertretungsmacht im Geschäftsleben
    Als Sonderfälle aus dem Geschäftsleben sind zu erwähnen: "Verwaltervollmacht“,"Ladenvollmacht“,"Duldungsvollmacht“ und "Anscheinsvollmacht“ 

Pflichten des Bevollmächtigten(§ 1009 ABGB)

  • hat seine Tätigkeit: „emsig und redlich zu besorgen“
  • hat „allen aus dem Geschäfte entspringenden Nutzen dem Machtgeber zu überlassen"

Pflichten des Vollmachtgebers (§§ 1014 ff ABGB)

  • hat dem Vollmachtnehmer (Bevollmächtigter) allen im Rahmen der Stellvertretung notwendigen oder nützlichen Aufwand zu ersetzen - selbst bei fehlgeschlagenem Erfolge” 
  • hat dem Vollmachtnehmer (Bevollmächtigter) auf Verlangen zur Bestreitung der Barausgaben einen angemessenen Vorschuss zu leisten
  • „er muss ferner allen durch sein Verschulden entstandenen, oder mit der Erfüllung des Auftrages verbundenen Schaden vergüten

Spezialvollmacht oder Generalvollmacht ?

Eine Vollmacht kann in verschiedenem Umfang erteilt werden:

Die Generalvollmacht ermächtigt zum Abschluss aller Geschäfte, sofern im Einzelfall nicht gesetzliche Einschränkungen gelten (z.B. Grundbuchsgeschäfte, Vorsorgevollmacht).

Die Einzelvollmacht oder Spezialvollmacht ermächtigt hingegen nur zum Abschluss eines ganz konkreten Geschäftes bzw. einer konkreten Handlung.

Zum Abschluss von bestimmten Arten von Geschäften kann eine Gattungsvollmacht erteilt werden. Sie beschränkt sich also auf bestimmte Gattungen von Handlungen.

Vollmacht in Grundbuchssachen

Wird eine Vertretung für Grundbuchsangelegenheiten erteilt, so ist sie nur dann gültig, wenn die Unterschrift des Vollmachtgebers gerichtlich oder notariell beglaubigt ist. In der Regel ist eine solche Vollmacht nur 3 Jahre lang gültig.

Vorsorgevollmacht

Eine Vorsorgevollmacht wird erst dann wirksam, wenn der Vollmachtgeber für die in der Vollmacht erfassten Angelegenheiten nicht mehr entscheidungsfähig ist. Als Formerfordernis ist zu beachten, dass die Vorsorgevollmacht nur schriftlich vor einem Notar, Rechtsanwalt oder Erwachsenenschutzverein errichtet werden kann. Sie muss schriftlich sein.

Unter www.ris.bka.gv.at sind die vorstehenden genannten Gesetzesbestimmungen einsehbar.

 

zurück